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Technische Überwachung

Vermessungsarbeiten an der Talsperre Pirk im Vogtland
Die meisten Messgeräte an einer Talsperre befinden sich im Inneren der Staumauer oder im Untergrund. Allerdings wird in regelmäßigen Abständen auch die Veränderung des Bauwerkes in Bezug auf feste Messpunkte in der Landschaft vermessen—das sogenannte geometrische Alignement.   © Landestalsperrenverwaltung Sachsen, Matthias Kaiser

Stauanlagen sind vielfältigen Einwirkungen ausgesetzt und müssen ständig überwacht werden. Nur so ist ein dauerhaft sicherer Betrieb möglich. Jede Talsperre hat ein festgelegtes Messprogramm. Viele dieser Überwachungsmessungen führen die Mitarbeiter der Staumeistereien oder der zuständige Messingenieur durch. Weitere Messungen werden an externe Vermessungsbüros vergeben.

Neben visuellen Kontrollen kommen unterschiedliche Messverfahren zum Einsatz, um Deformationen, Druckveränderungen oder Sickerwassermengen kontinuierlich zu überwachen. Die Messkonzepte und -geräte müssen dabei regelmäßig überprüft beziehungsweise gewartet werden. Auf diese Weise erhält man eine umfassende Aussage zum Bauwerksverhalten und somit zur Standsicherheit einer Anlage.

Sohlenwasserdruckmessung im Kontrollgang der Talsperre Dröda
Sohlenwasserdruckmessung im Kontrollgang der Talsperre Dröda  © Landestalsperrenverwaltung Sachsen / Katrin Schöne
Im Folgenden werden verschiedene Messverfahren erklärt, die in den sächsischen Talsperren angewendet werden. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Geometrisches Alignement

Damit können absolute Verschiebungen im Bereich der Bauwerkskrone ermittelt werden. Von festen Messpfeilern auf beiden Seiten des Bauwerks werden Messpunkte auf der Krone beobachtet und so die Verschiebungen zur Wasserseite bzw. zur Luftseite erfasst.

Geometrisches Nivellement

Mit Hilfe von Messpunkten, die beispielsweise auf der Bauwerkskrone oder im Kontrollgang angebracht sind, können absolute Setzungen und Hebungen des Bauwerks erkannt werden.

Hydrostatisches Nivellement

Bei diesem Verfahren werden relative Setzungen im Bauwerk mit Hilfe einer Präzisionsschlauchwaage gemessen. In Verbindung mit dem geometischen Nivellement können alle Höhenmessungen zusammengeführt und absolute Setzungen ermittelt werden.

Pendellot

Bei Pendelloten hängt ein Lotdraht in einer senkrechten Bohrung im Inneren einer Staumauer – von der Mauerkrone bis in den Kontrollgang. Unten am Lotdraht ist ein Gewicht befestigt. Das Gewicht hängt in einem Gefäß, das mit einer Flüssigkeit zur Dämpfung der Schwingungen gefüllt ist. Bewegt oder neigt sich das Bauwerk, ändert sich die Lage des Lotdrahtes.

Schwimmlot

Der Lotdraht von Schwimmloten ist tief unter der Gründungssohle des Bauwerkes in einer genau lotrechten Bohrung verankert. Am oberen Ende im Kontrollgang befindet sich ein Schwimmkörper, der sich frei in einem Wasserbehälter bewegt und den Draht lotrecht spannt. Durch die tiefe Verankerung des Lotes können Bewegungen des Bauwerkes gegenüber dem Untergrund erfasst werden.

Fugenspalten

Bei einer Fugenspaltmessung wird die Bewegung der einzelnen Blöcke des Bauwerkes zueinander erfasst. So können Hebung bzw. Setzung gemessen werden. Außerdem kann das Öffnen und Schließen der Fugen in Abhängigkeit von der Jahreszeit ermittelt werden.

Sohlenwasserdruck

Gemessen wird der Sohlwasserdruck mit Hilfe eines Lichtlots. Es wird durch ein senkrechtes Bohrloch auf die Wasserfläche hinabgelassen und damit die Höhe des Wasserspiegels über der Bauwerksgründung ermittelt. Bei Messstellen mit einem höheren Druck erfolgt die Messung mit einem Manometer. Die Messwerte müssen in den entsprechenden Wasserstand umgerechnet werden.

Sickerwasser

Diese Messungen geben Aufschluss darüber, ob die Staumauer dicht ist. Über Drainagen im Inneren des Baukörpers wird Wasser, das durch die Mauer sickert zu den Messstellen geleitet.

Prozessleitsystem der Talsperre Eibenstock
Verschiedene Messwerte werden automatisch an das Prosessleitsystem der Talsperre Rauschenbach übermittelt  © Landestalsperrenverwaltung Sachsen, Fotograf: Jan Gutzeit

Einige Messverfahren zur Bauwerksüberwachung wie die Temperatur des Bauwerkes, im Kontrollgang oder im Staubecken oder auch verschiedene Lotmessungen sind automatisiert und werden über Draht oder Funk an die Steuerzentrale der Talsperre übermittelt. Bei Überschreitung auffälliger Werte wird automatisch Alarm ausgelöst und es können Untersuchungen eingeleitet werden.

Auch Wasserstands-, Zu- und Ablaufwerte werden regelmäßig automatisch erfasst und über Datenleitungen in die Talsperrenmeldezentrale übermittelt und ins Internet gestellt. Die Daten können von den entsprechenden Behörden und teilweise auch öffentlich eingesehen werden. Dies ist nicht zuletzt ein wichtiger Aspekt beim Umgang mit Hochwasserereignissen.

Begehung des Umgehungsstollens der Talsperre Klingenberg
Begehung des Umgehungsstollens der Talsperre Klingenberg  © Landestalsperrenverwaltung Sachsen / Ingo Lux

Standsicherheit

Jede Stauanlage - egal ob Neubau oder Industriedenkmal - muss einen Standsicherheitsnachweis haben. Diese Berechnungen werden teilweise von unseren Fachleuten selbst durchgeführt, teilweise an Ingenieurbüros vergeben. Für bestehende Anlagen werden die Standsicherheitsnachweise überarbeitet und an den aktuellen Stand der Technik angepasst. Dabei werden neue Normen, hydrologische Randbedingungen und moderne Berechnungsverfahren einbezogen.

Bei den Berechnungen werden alle wesentlichen Belastungen beispielsweise durch extreme Hochwasserzuflüsse, sehr seltene Erdbeben oder Temperaturspannungen berücksichtigt. Geotechnische Erkundungen ergänzen die Berechnungen. So werden durch Bohrungen oder Schürfen Materialproben entnommen und im Labor geprüft. Die Ergebnisse der Untersuchungen und Berechnungen werden durch externe Prüfingenieure geprüft und bei der Aufsichtsbehörde eingereicht.

Vertiefte Überprüfung

Für alle Stauanlagen werden außerdem in regelmäßigen Abständen vertiefte Überprüfungen durchgeführt. Je nach Größe und Bedeutung des Bauwerkes erfolgt das alle zehn bis zwanzig Jahre. Dazu arbeiten unsere Fachleute aus allen Bereichen - z.B. Wassermenge, Wassergüte, Recht, IT und Technische Überwachung zusammen und erstellen einen gemeinsamen Bericht. Gibt es Mängel, werden gemeinsam Festlegungen zu den nötigen Maßnahmen getroffen.

Zustandsanalysen

Die an den Stauanlagen gemessenen Daten werden ausgewertet und mit Rechenmodellen nachgerechnet. Daraus können Rückschlüsse auf den Zustand des Bauwerkes gezogen werden. Außerdem ist es möglich, verschiedene Parameter des Bauwerksverhaltens vorherzusagen, wie beispielsweise Verformung, Fugenöffnung oder Sohlenwasserdruck. Werden Grenzwerte überschritten, müssen genauere Untersuchungen und Messungen durchgeführt werden. Das kann dazu führen, dass technische Anlagen saniert, umgebaut - oder im Extremfall - außer Betrieb genommen werden müssen.

 

Betreiberkontrolle an der Talsperre Werda  © Landestalsperrenverwaltung Sachsen, Britta Andreas

Die Ergebnisse der kontinuierlichen Überwachungen werden ausgewertet und dokumentiert. Für jede Talsperre wird jährlich ein Sicherheitsbericht erstellt, in dem alle Informationen zusammengefasst sind. Diese Berichte sind Grundlage für die jährliche Kontrollbegehung mit der Überwachungsbehörde.

Bei der Betreiberkontrolle macht sich die Landestalsperrenverwaltung gemeinsam mit Mitarbeitern der Oberen Wasserbehörde und anderen Fachleuten ein Vorortbild vom Zustand der Talsperre. Es werden besondere Vorkommnisse besprochen und über notwendige Baumaßnahmen beraten.

Probestau am Hochwasserrückhaltebecken Glashütte nach seiner Fertigstellung 2013
Probestau am Hochwasserrückhaltebecken Glashütte nach seiner Erweiterung (Bauzeit: 2010-2013)  © Landestalsperrenverwaltung Sachsen

Ehe eine neue Stauanlage in Betrieb gehen kann, muss ein Probestau durchgeführt werden. Dazu tritt eine Probestaukommission zusammen, in der Mitarbeiter der Landestalsperrenverwaltung, der Überwachungsbehörden und der Baubetriebe vertreten sind. Sie stellt einen Ablauf für den Probestau auf, protokolliert die Ergebnisse der Messungen und erstellt einen Bericht.

Bei einem Probestau wird stufenweise Wasser angestaut und alle Betriebseinrichtungen unter verschiedenen Bedingungen auf Herz und Nieren überprüft. So ein Probestau kann mehrere Wochen andauern. Erst wenn die neue Anlage den Probestau bestanden hat, kann sie in Betrieb gehen.

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